Chronik der KG „Fidelio“ Niederzier 1923 e.V.

Wir schauen zurück auf eine 9 x 11-jährige Vereinsgeschichte. Bei einem solchen Jubiläum lohnt es sich, eine Rückschau zu halten, sozusagen einen Rückblick auf die Vergangenheit.

Unter dem Namen „Große Karnevalsgesellschaft Niederzier“ wurde in der Gaststätte Hoegen – heute: Landgasthof Alte Post – die Gesellschaft gegründet. Die KG „Fidelio“ gehört zu den ältesten Karnevalsvereinen im Dürener Land. Vor mehr als 100 Jahren gab es in Niederzier schon eine Karnevalsvereinigung, die 1889 einen Rosenmontagszug startete. Vielen Zeitgenossen war damals dieses Treiben zuwider, so dass durch Handgreiflichkeiten und Streitereien dieser Umzug ein vorzeitiges Ende fand.

Der nun einmal entfachte Karnevalsgeist flackerte um die Jahrhundertwende bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges wieder durch Matthias Hommelsheim und Hubert Kohnen auf. Als sich um 1920 die „Lehmann-Clique“ bildete, kam es durch einen karnevalsfreudigen Metzger aus Köln 1923 zur Gründung der Großen Karnevalsgesellschaft.

1. Vorsitzender war damals Johann Delvoigt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode 1946. Kostüm- und Maskenbälle sowie ein Rosenmontagszug 1925 bildeten die ersten öffentlichen Aktivitäten der noch jungen Gesellschaft. Die Originalität eines Wagens mit dem Motto „Bei Palms do es de Pief verstopp“ verhalf dem seinerzeit im hohen Alter verstorbenen Peter Schiffer zu dem noch heute allenthalben bekannten Spitznamen Palme Pitte.

Das Dorfleben wurde damals glossiert und in Vorträgen zu Karneval zum Ausdruck gebracht.

Der erste Karnevalsprinz im Jahre 1928 war Wilhelm I. (Gasper). Eine prinzenlose Zeit war 1931-1933 und während des 2. Weltkrieges bis 1946. 1947 gab es dann die Fortsetzung der Prinzentradition mit Prinz Willi II. (Themanns). Die Karnevalsprinzen wurden damals auf großen, von Pferden gezogenen Prunkwagen kutschiert.

Zum 2. Stiftungsfest tauchte in alten Unterlagen zum ersten Mal der heute geführte Gesellschaftsname Fidelio auf. Die fidelen Elferratsnarren ritten im Zug auf selbstgebastelten Pferden, sozusagen auf Schusters Rappen.

Schon 1936 war die Burg Wohnung des als Burggraf gekleideten Karnevalsprinzen. Auch nach dem 2. Weltkrieg war das Karnevalstreiben von Weiberfastnacht bis Fastnachtdienstag tonangebend für die Niederzierer Narren. Seit 1947 hatte man wieder einen kompletten Elferrat. In den fünfziger Jahren setzte der große Aufschwung ein. Es wurden Pläne geschmiedet und realisiert. Ausgeheckt wurde dies in der Gaststätte Schaaf im Hinterzimmer, auch „Schwäfelsdüsje“ genannt.

Ludwig Ewinger wurde 1957 Präsident. Es gab erste Kontakte zu auswärtigen Karnevalsvereinen, die sich zu dauerhaften freundschaftlichen Beziehungen entwickelten. Der Sitzungskarneval war geboren und es gab 1958-1959 zum Auftakt zwei Kappensitzungen in der Session. Die Gesellschaft wurde größer, die Rosenmontagszüge wurden prächtiger.

Das vierzigjährige Bestehen wurde als erstes Jubiläum gefeiert nach dem 2. Weltkrieg. 11 Jahre lang wurde der Sitzungskarneval mit eigenen Kräften durchgeführt. Für die Session 1968 wagte Ludwig Ewinger den Schritt zu Funk und Fernsehen, um Spitzenkräfte „einzukaufen“. Dank vieler Spender rollte am 2.2.1968 die erste Fremdensitzung mit namhaften Künstlern, sowie den besten Kräften aus dem Gebiet des Regionalverbandes über die Bühne. Erstmals wurde 1969 dem Prinzen der Schlüssel der Gemeindekasse übergeben. Die Schlüsselübergabe erfolgte im Burggebäude durch den Bürgermeister.

Seit 1970 stellten sich auch Ehrensenatoren ein. Der erste Ehrensenator war Peter Müller, damals Bürgermeister in Niederzier. Die Reihe der Ehrensenatoren setzte sich in den folgenden Jahren fort. Im Jubiläumsjahr 1973 wurden sogar 3 Ehrensenatoren gekürt, darunter der Lendersdorfer Künstler Karl Weingartz (†). Der Jubiläumsorden wurde von ihm entworfen und wird heute als Fidelio-Symbol von den Vorstandsmitgliedern getragen. Auch zum 60-jährigen Bestehen (1983) entwarf Karl Weingartz das broncene „fidele Männchen“ (Fidelio Nas), das als Briefbeschwerer Verwendung findet. Als Präsident der mittlerweile langen Reihe der Ehrensenatoren fungierte seinerzeit Rheinbraun-Vorstandsvorsitzender Dr. Dieter Henning.

Das Jubiläumsfest zum 50-jährigen Bestehen (1972/1973) war von langer Hand vorbereitet und begann mit einem Show- und Musikabend im großen Festzelt auf dem Weihberg. Der Höhepunkt des Abends war die Freddy-Breck-Show. Der darauffolgende Sonntag stand im Zeichen des Festzuges, an dem sich fast alle Vereine des Regionalverbandes beteiligten. Am Abend fand ein großes Oktoberfest mit dem Tanzorchester von Radio Hilversum statt. Am 11. Januar 1973 stieg die große Festsitzung und am 3. Februar die 2. Prunksitzung. Am 19. Januar hatte man bei einer Festversammlung Rückschau gehalten. Das Programm setzte sich fort mit der Altensitzung am 17. Februar und einer Kindersitzung am 24. Februar und rundete damit das Jubiläumsprogramm ab. Mit dem Altweiberball, dem Kostüm- uns Maskenball sowie dem Rosenmontagszug und anschließendem Prinzenball wurde die Jubiläumssession abgeschlossen.

Alle bisherigen Veranstaltungen (ausgenommen die Eröffnungsveranstaltung) fanden im Saal Schaaf-Lambert statt. Vor die Alternative gestellt, den Saal geschlossen zu bekommen oder zu renovieren, blieben uns künftig nur die Zeltveranstaltungen auf dem Weihberg übrig bis zur Erweiterung des Jugendheimes zum Bürgerhaus. Das zweitägige Sommerfest wurde auch vom Weihberg auf den Vorplatz des Bürgerhauses verlegt.

Seit 1990 hatte der geschäftsführende Vorstand einige Einbußen zu verzeichnen, denn in diesem Jahr starb unser 1. Geschäftsführer Paul Stelzner, der dieses Amt über 25 Jahre lang bekleidete. 1994 verstarb unser 1. Vorsitzender und Präsident Ludwig Ewinger plötzlich und unerwartet mitten in der Session. Er hat dem Niederzierer Karneval Ansehen und Aufschwung verschafft und eine uralte Tradition fortgesetzt. Von ihm stammen viele Ideen und sein Tod riss eine schwer zuschließende Lücke in Niederziers Karnevalsgesellschaft. Im Jahre 1996 verstarb aus den Reihen der Aktiven unser langjähriger Schatzmeister Konrad Sievernich, dem wir viel zu verdanken haben, nicht nur als Schatzmeister, sondern auch als Freund. Nur wenige Wochen später mussten wir Abschied nehmen von Franz Stelzner, der bis zum Eintritt seiner schweren Krankheit stets mit Rat und Tat zur Verfügung stand. Die Verluste dieser Aktiven waren nur schwer zu verschmerzen.

Die personelle Umstrukturierung im Vorstand musste notgedrungen weitergehen. Nach dem Tode von Ludwig Ewinger übernahm Hans Gasper die Geschicke der Gesellschaft, der zum 75-jährigen Bestehen im Jahr 1998 tatkräftig von Peter Merx, der als Präsident im Jubiläumsjahr fungierte, unterstützt wurde.

Nach vielen Jahren mit Veranstaltungen im Festzelt wurde das Jubiläum mit der Prunksitzung in der Aula sowie an den tollen Tagen im Bürgerhaus gefeiert, das die neue Heimat der KG werden sollte – einige Jahre auch für die Sitzungen, mit der die „Fidelio“ erst Anfang des Jahrtausends in die Aula zurückkehrte. Peter Merx, der als Präsident von Gerd Hoppe abgelöst wurde, übernahm zwischenzeitlich auch den Vorsitz, den er im Jahr 2002 an Johannes Komp weiterreichte, um in der zweiten Reihe weiter tatkräftig die Gesellschaft zu unterstützen.

Unter Peter Merx intensivierte die „Fidelio“ ihre Jugendarbeit vor allem im Bereich des karnevalistischen Tanzsports, die schon nach wenigen Jahren erste Früchte tragen sollte. Während Doris Merx und Doris Gasper die Jugendleitung übernahmen, fuhren die ersten Tänzerinnen zu Tanzturnieren, auf denen der Erfolg nicht lange auf sich warten ließ. Im Jahr 2001 qualifizierte sich mit Mandy Eilers zum ersten Mal in der Geschichte der Gesellschaft ein Tanzmariechen für die vom Bund Deutscher Karneval ausgerichtete Deutsche Meisterschaft im karnevalistischen Tanz. Sie war seinerzeit mit neun Titeln bei der Regionalmeisterschaft und mit mehreren DM-Teilnahmen das sportliche Aushängeschild des Vereins, der sich immer wieder über gute Leistungen der Garden und Schautanzgruppen freuen durfte. Auch die Formationen qualifizierten sich regelmäßig für das Verbandsturnier. 2007 schafften die „Frösche“ der Jugendtanzgruppe sogar den Sprung zum DM-Halbfinale.

Im Laufe der Jahre erfreute sich die KG auch an den Karnevalstagen wieder großen Zuspruchs aus der Bevölkerung. Das Bürgerhaus mit seinem begrenzten Raumangebot platzte nicht erst in den Jahren 2001 und 2002 aus allen Nähten, so dass der neue Vorstand um Johannes Komp das finanzielle Wagnis einging und schon 2003, zumindest für die tollen Tage, mit großem Erfolg und in ein vor allem Weiberfastnacht und Rosenmontag prall gefülltes Festzelt auf dem Weihberg zurückkehrte. Die Prunksitzung stieg derweil weiter in der Aula der Gesamtschule. Und auch der guten Stube des Ortes ist die KG treu geblieben. Nicht nur, dass alle Mariechen und Garden regelmäßig im Bürgerhaus trainierten, seit 2002 fand neben der Sessionseröffnung Mitte November auch das seinerzeit sehr beliebte Oktoberfest im früheren Jugendheim statt.

Ins närrische 8 x 11-jährige Bestehen ging die KG mit einer engagierten Mannschaft. Johannes Komp, der Gerd Hoppe schon während dessen Regentschaft als Prinz Gerd I. im Dreigestirn der Session 2007/08 als „Stimme“ der KG vertreten hatte, übernahm daraufhin in Personalunion neben dem Vorsitz auch die Präsidentschaft. Im gleichen Jahr erfolgte auch ein Umbruch in Reihen der Ehrensenatoren, die sich seitdem noch aktiver im Vereinsleben zeigten. Wilfried Esser trat die Nachfolge von Dr. Klaus Müllensiefen als Senatspräsident an. Aushängeschild der Jubiläumssession war das zweite Damen-Dreigestirn in der Geschichte der „Fidelio“, das vierte Trifolium der KG insgesamt. 230 Mitglieder, darunter nicht weniger als 90 Kinder und Jugendliche sprachen für eine tiefe Verwurzelung der KG in der Dorfgemeinschaft.

Das Motto der Session 2011/2012 sollte dann ein Hinweis geben, wohin der Weg in den kommenden Jahren gehen sollte: “Die Neue Mitte macht den Käufer froh, den Karneval gibt es bei der Fidelio”.  Schon 2013 entschloss sich die Gesellschaft mit den Freunden der KG Frohsinn Oberzier an Weiberfastnacht pünktlich um 11:11 Uhr den Straßenkarneval in der Neuen Mitte zu eröffnen. Ging jede Gesellschaft anfangs nach einem musikalischen Bühnenprogramm noch ihren eigenen Weg – die Fidelio zog es noch einmal ins Festzelt auf den Weihberg – so entschlossen sich beide Vereine schon im Jahr darauf, die tollen Tage gemeinsam im Festzelt in der “Neuen Mitte” zu feiern. Und der Erfolg gab den Initiatoren auf beiden Seiten recht. Anfängliche Kritiker verstummten. An allen Tagen war das Zelt mehr als gut gefüllt.

Der nächste Schritt der Kooperation folgte im Jahr 2015: die Gründung der Tanzsportgemeinschaft Niederzier-Oberzier, um allen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, am karnevalistischen Tanzsport teilnehmen zu können. Der Erfolg ließ auch hier nicht lange auf sich warten: Seitdem stehen mehrere Titel auf Ebene des Regionalverbands Düren zu Buche. Mariechen und Tanzpaare konnten sich immer wieder für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren.

Dass der wohl wichtigste Schritt der Zusammenarbeit schon in der darauffolgenden Session 2015/2016 folgen würde, kam dann nicht mehr überraschend. Beide Gesellschaften entschlossen sich, nicht nur den Sessionsorden gemeinsam zu gestalten, sondern auch die Sitzungen gemeinsam zu feiern. Am traditionellen Termin der KG Frohsinn vier Wochen vor Karneval steht seitdem samstags die Kostümsitzung und tags drauf eine Kindersitzung in der Aula der Gesamtschule Niederzier auf dem Programm, bevor zwei Wochen später, am Traditionstermin der Fidelio die Männer in der Neuen Mitte auf ihre Kosten kommen. Beide KGs entschlossen sich, mit der damals einzigen Herrensitzung zwischen Düren und Jülich Neuland zu betreten, in beiden Fällen Jahr für Jahr mit größerem Zuspruch und zunehmend vollem Haus.

Nach 15 Jahren an der Spitze der Gesellschaft entschloss sich Johannes Komp 2017 die Verantwortung in jüngere Hände zu geben. Zunächst gab er den Vorsitz an Thorsten Kück ab, der 2020 dann auch das Präsidentenamt von Johannes Komp übernahm, um seinerseits den Vorsitz an Michael Schmitz weiterzureichen.

Natürlich durfte sich die Fidelio im vergangenen Jahrzehnt auch wieder über Tollitäten freuen. In der Session 2016/2017 wurde das Dreigestirn mit Prinz Roland II. (Schmitz), Bauer Harald I. (Tietz) und Jungfrau Haraldine I. (Eilers) proklamiert, in der Session 2019/2020 ein weiteres Trifolium mit Prinz Manuela II. (Tietz), Bauer Anke I. (Kluge) und Jungfrau Silke I. (Zehnpfennig).

Dass die Session 2020/2021 coronabedingt abgesagt werden musste, soll an dieser Stelle nur eine Randbemerkung bleiben. Wichtiger ist der Ausblick auf das Jubiläumsjahr mit dem neuen Motto: “Em Jubeljoahr do fiere mir en Ovve- on en Neddezier” – 9 x 11 Jahre Fidelio und 4 x 11 Jahre Männergarde.

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